Unter ottonischer Herrschaft wird Ingelheim erneut bevorzugt aufgesucht.
Von den zehn Aufenthalten Ottos I. ist insbesondere unter baugeschichtlichem
Aspekt die Synode von 948 hervorzuheben, da sie außerhalb des engeren
Pfalzareals "in aecclesia beati Remigii" tagte. Erst zu 997
wird eine der Ingelheimer Kirchen als "capella imperialis" bezeichnet.
Auch in den Jahren 958, 972, 980, 993 und 996 tagen Reichssynoden in
Ingelheim. Zu gleicher Zeit wurde der Ort zur bevorzugten Osterpfalz im
Rhein-Main-Gebiet, ein Gebrauch, der bis in salische Zeit zu beobachten
ist.
Otto III. ist am häufigsten in Ingelheim nachweisbar, das in
der Phase seiner unselbstständigen Regentschaft zum Stützpunkt
politischer Beratungen der Kaiserinmutter Theophanu mit Erzbischof
Willigis von Mainz wird.
Während des 11. und in der ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts berichten die Quellen nur von vereinzelten Herrscheraufenthalten (zum Beispiel zu 1043 Vermählung Heinrichs III. mit Agnes von Poitou, zuletzt 1105 Gefangennahme Heinrichs IV.). Folgend liegt daher der Schwerpunkt auf den Herrschern Otto I. , Otto II. sowie Otto III. .
Unter den Aufenthalten Ottos I. sind zwei große Reichssynoden (948 und 972), ein Hoftag (956) und zwei Osterfestfeiern (958 und 965). Diese Tatsache ist umso bemerkenswerter, als zuvor für 150 Jahre keine kirchliche Versammlung in der Pfalz Ingelheim getagt hatte und seit 100 Jahren kein hohes Kirchenfest begangen worden war.
Aus bauhistorischer Sicht erscheint der Aufenthalt von 953 interessant: Otto I., der sich seit dem 10. März in Ingelheim aufhielt, musste den Plan aufgeben, hier das Osterfest zu feiern. Nach dem Bekanntwerden einer Verschwörung erschien ihm Ingelheim zu unsicher. König und Hof verließen die Pfalz, um nach Zwischenaufenthalten in Mainz und Köln schließlich Ostern in Dortmund zu feiern. Es lässt sich aus dem Ereignis ableiten, dass die Pfalz Ingelheim in der Mitte des 10. Jahrhunderts weniger befestigt und dadurch leichter angreifbar war, als einzelne andere Pfalzorte.
In die kurze Regierungszeit Ottos II. fallen wiederum zwei Osterfeste (977 und 980) sowie eine Reichssynode (980). Die mit Otto I. dem Großen begründete Tradition wurde augenscheinlich von seinem Sohn fortgesetzt. Die Bedeutung der Ortswahl für die Königsaufenthalte an Ostern hat Thomas Zotz herausgearbeitet und in einer Formel dargestellt: „Ostern in der Pfalz – dies galt als Kulminationspunkt der Königsherrschaft, jährlich wiederkehrend und in Krisenzeiten rechte Gelegenheit für Gegner, ihre Handlungen ins Werk zu setzen...“ (T. Zotz, Königspfalz und Herrschaftspraxis im 10. und frühen 11. Jahrhundert, 43).
In diesem Zusammenhang ist ebenso auf den Gebrauch der Festkrönungen hinzuweisen, also das sich (jährlich) wiederholende „unter der Krone gehen“ des Königs. Ein Gebrauch, der für das 10. Jahrhundert belegt ist, obzwar einzelne Nachweise von Zeit und Ort zumeist nicht aus den Quellen zu gewinnen sind.
Eine Auffälligkeit der Zahl und Verteilung der Aufenthalte Ottos III. ist neben der Häufigkeit – kein anderer König hielt sich öfter in Ingelheim auf – die zeitgleiche Anwesenheit der Kaiserinnen Adelheid und Theophanu. Sie waren es, die in der Phase seiner unselbstständigen Regentschaft die Regierungsgeschäfte für den Kindkönig Otto III. führten. Die Bevorzugung der Pfalz Ingelheim hatte ihre Ursache insbesondere darin, dass im benachbarten Mainz Erzbischof Willigis residierte, der der Oheim Ottos III. war und dessen Autorität und politischer Einfluss ihn zu einem der mächtigsten Großen des Reiches gemacht hatten. Nach 994, Otto III. war vierzehn Jahre alt, trat etwa zeitgleich mit der Übernahme der Regierungsgeschäfte Aachen in den Rang der „Lieblingspfalz“ Ottos III.