Durch die bauliche Erweiterung der "Alten Feuerwache" konnte die Ausstellungsfläche für die Kaiserpfalz-Präsentation im Museum bei der Kaiserpfalz im Jahre 2004 verdoppelt werden. Die Ausstellung wurde neu konzipiert und mit zusätzlichen Exponaten ausgestattet. Durch die Delegation von Konzept, Inhalt und Gestaltung dieses Ausstellungsbereichs in die Zuständigkeit der Kaiserpfalz-Forschungsstelle konnte sichergestellt werden, dass die Museumspräsentation auf dem neuesten Stand der Pfalzenforschung im Saalgebiet und andernorts gründet und mit der Kaiserpfalz-Präsentation im Bereich des archäologischen Denkmals bestmöglich abgestimmt ist.
In der Ausstellung stellt die Kaiserpfalzarchitektur den Mittelpunkt dar. Fast alle Exponate und Ausstellungselemente sind Bausteine der Architektur der Kaiserpfalz Karls des Großen und seiner Nachfolger. Diese werden ergänzt durch Zimelien mittelalterlicher Sachkultur, die einen eindeutigen Ortsbezug haben: Auf informativen Ausstellungstafeln und Wandbeschriftungen wird die Geschichte der Kaiserpfalz vom Gründungsbau Karls des Großen, von den Umbauten der Ottonen und Staufer, über die Verpfändung und den Untergang im Spätmittelalter bis zur Wiederentdeckung im 20. Jahrhundert dokumentiert.
Zwischen 1930 und 1976 sind insgesamt sechs Rekonstruktionen des karolingischen Bauzustands der Kaiserpfalz entstanden. Bis vor kurzem noch war in der Ausstellung die als Volumenmodell gebaute Rekonstruktion nach Konrad Weidemann zu sehen, welche die Ergebnisse archäologischer Grabungen der Jahre 1960 bis 1970 widerspiegelte.
Seit Juli 2006 können Besucher ein neues Volumenmodell im Maßstab 1:100 besichtigen, welches in Kooperation zwischen dem Grabungsbüro und der Restaurierungswerkstatt Thomas Flügen entstand. Die Realisierung wurde durch eine großzügige Stiftung des Historischen Vereins Ingelheim e.V. anlässlich seines 100-jährigen Bestehens möglich. Der Bau eines neuen Modells bot nicht nur den Vorteil, neueste Grabungsergebnisse einfließen zu lassen, wie z.B. den Nachweis des Trikonchos auf dem Saalplatz südlich der Saalkirche. Auch andere wichtige Veränderungen unterscheiden das neue Modell von dem Weidemanns:
Bei dem neuen Modell wurde großen Wert darauf gelegt, den Unterschied zwischen tatsächlich überliefertem Baubestand und rekonstruierten Bauteilen für den Besucher sichtbar zu machen. Dies wird durch eine unterschiedliche Gestaltung der Oberflächenstruktur gekennzeichnet. Eine weitere Besonderheit gegenüber dem alten Modell stellt die Veränderbarkeit des neuen Modells dar. Erkenntnisse aus laufenden und zukünftigen Grabungen können immer wieder eingearbeitet werden, neue Modellteile können hinzukommen, andere können ergänzt und verändert werden.
Doch der kleine Maßstab und die fehlende Bezugsgröße zu den tatsächlich erhaltenen Bauresten der Kaiserpfalz machen es für die Besucher schwer, eine zutreffende Vorstellung von den Maßen der Pfalzarchitektur zu erlangen. Dieser Vermittlungsproblematik begegnet ein anderer Baustein der Ausstellung:
Im Museum wurde ein Teilstück der Kaiserpfalz im Maßstab 1:1 nachgebaut. Gegenstand der Nachbildung ist der Säulengang der großen Exedra (Halbkreisarchitektur), welche die Pfalzbebauung einst auf der ganzen Breite umspannte und nach Osten abschloss. Zuletzt konnten Überreste dieses Säulengangs 2002/2003 am Heidesheimer Tor von den Archäologen untersucht werden. Der Nachbau ist für die Besucher begehbar: originale Säulen wurden in den Nachbau integriert, Kapitelle und Säulenbasen abgeformt, eine halbkreisförmige Blendwand mit Türöffnung nachgebaut. Der Besucher läuft - wie im archäologischen Befund nachgewiesen - auf Platten von rotem Sandstein und er sieht: Der Originalmaßstab sprengt in Höhe und Breite die Abmessungen des Museumsraums. Hierdurch und durch die Gegenüberstellung mit dem kleinmaßstäblichen Rekonstruktionsmodell wird er/sie in die Lage versetzt, die Maße und Ausmaße einer Pfalz karolingischer Zeitstellung zu verstehen und in heutige Maßstäbe zutreffend einzuordnen.
Thematisch eng verwandt zum Architekturnachbau ist die benachbarte Abteilung Bauskulptur. Dort werden Beispiele für die insgesamt wenigen Reste von Ornament und Skulptur präsentiert, die trotz des spätmittelalterlichen Raubbaues am Ort überdauerten. Zwei neue Exponate bilden die Glanzpunkte dieser Abteilung: es sind Museumskopien von zwei Kapitellen aus Marmor, die aus kunsthistorischer Sicht zu den wichtigsten Zeugnissen für die Verwendung von Spolien im Frühmittelalter zählen. Zuletzt 1992 hatte Hugo Brandenbourg die Herkunft der Kapitelle in Italien (Rom?) wahrscheinlich gemacht. Die Museumskopien wurden von der Restaurierungswerkstatt Thomas Flügen mit freundlicher Genehmigung des Landesmuseums Mainz hergestellt.
Zu den Exponaten dieses Ausstellungsbereichs zählt auch diejenige Säulenbasis, die 1914 zur Entdeckung des Halbkreisbaues durch Christian Rauch führte. Die Goldmünze Karls des Großen wurde bis September 2005 als Museumskopie, danach im Original ausgestellt. Sie ist das bisher wichtigste Fundstück, das bei den Ausgrabungen der Kaiserpfalz Ingelheim gefunden wurde, da sie bis jetzt die einzige bekannte Goldmünze Karls des Großen aus der Kaiserzeit darstellt. Die Münze war mehrere Jahre auf Ausstellungstournee, doch seit dem Tag des offenen Denkmals 2005 ist sie an ihren Fundort zurückgekehrt und wird als Dauerleihgabe des Landes Rheinland-Pfalz in der Kaiserpfalz Ingelheim ausgestellt. Dabei ist dem Solidus ein eigener Ausstellungsbereich gewidmet.
Der Historischen Verein Ingelheim e.V. ist Herausgeber der Schriftenreihe „Beiträge zur Ingelheimer Geschichte 1/1949 - 44/1999“ ist. In den folgenden Heften sind Grabungsberichte und andere Beiträge mit dem Themenschwerpunkt Kaiserpfalz erschienen :
Besucherzentrum und Museum bei der Kaiserpfalz
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Öffnungszeiten:
Von November bis März geöffnet
Montags, außer an Feiertagen, und vom 23. Dezember bis 5. Januar geschlossen. Eintritt: 3 Euro (ab 18 Jahren). |