Kaiserpfalz

Archäologie & Forschung

Archäologische Untersuchungen werden seit über 30 Jahren im Ingelheimer Stadtgebiet von der Forschungsstelle Kaiserpfalz durchgeführt. Großflächige und langfristige Projekte werden als Forschungsgrabungen geplant, wie beispielsweise die Untersuchung des mittelalterlichen Friedhofes an der Rotweinstraße: Seit 2015 erforschen Archäolog*innen dort das merowingerzeitliche Reihengräberfeld, das als eines der größten seiner Art in ganz Rheinland-Pfalz gilt. Durch die Grabungen wird gleichzeitig der Bau eines Wohnquartiers ermöglicht. Unterstützt wird die Forschungsstelle dabei vom Grundstückseigentümer, dem Unternehmen Boehringer Ingelheim, und der Generaldirektion Kulturelles Erbe in Mainz.

Forschungsgrabung auf dem frühmittelalterlichen Reihengräberfeld an der  Rotweinstraße im Frühjahr 2023. Bild: Stadt Ingelheim, Piotr Noszczyński.

An vielen anderen Orten in Ingelheim wird seit 1994 bzw. seit 2012 im Rahmen des „Archäologischen Stadtkatasters“ (AStaKat Ingelheim) kurz vor und während laufender Bauarbeiten archäologisch geforscht. Mit großem Erfolg, wie sich am Beispiel der Grabung in der Flur „Am gebrannten Hof“ zeigen lässt: Der durch den Kataster ausgelösten Rettungsgrabung ist es zu verdanken, dass die umfangreichen Siedlungsspuren aus Bronzezeit (Gräberfeld der Urnenfelderkultur, ca. 1300 v. Chr. – 800 v. Chr.), Eisenzeit (800 v. Chr. – 50 v. Chr., Antike (römischer Sakralbezirk) und Früh- Spätmittelalter (Siedlung) an der Wilhelm-von-Erlanger-Straße wissenschaftlich erfasst und für die Nachwelt dokumentiert werden konnten.

Durch die archäologischen Grabungen in Ingelheim werden jedes Jahr die Überreste mittelalterlicher Bauten sowie Tausende kleine Artefakte geborgen. Sie alle müssen dokumentiert und vor dem Zerfall bewahrt werden. So war es auch im Jahr 1996, als bei der Ausgrabung der mittelalterlichen Siedlung „An der Ottonenstraße“ eine kleine Münze zum Vorschein kam. Dabei handelte es sich nicht um irgendeine Münze, sondern um einen Solidus – eine Goldmünze – Karls des Großen. Bis heute ist das 4,18 g schwere Stück ein numismatisches Unikat: Es ist die einzige bekannte Goldmünze, auf der ein Porträt des Kaisers abgebildet ist.

Bergung einer Urne der Späten Bronzezeit  (Urnenfelderkultur) während der Rettungsgrabung in der Flur “Am gebrannten Hof”. Bild: Stadt Ingelheim.

Die Maßnahmen vor Ort sind nur eine Etappe in der archäologischen Forschung. Alle beweglichen, kleinen und kleinsten Materialgüter werden direkt nach der Grabung im Fundarchiv der Forschungsstelle gesäubert, inventarisiert und aufbewahrt: Keramikgefäße bzw. Scherben, Knochenfragmente, Steinartefakte, Gefäße oder Bruchstücke aus Glas, Metallobjekte. Nicht jeder Fund ist von großer Bedeutung, aufbewahrt werden muss er dennoch, etwa für spätere Analysen. Diese Schritte sind in der Gesamtbearbeitung unerlässlich, denn auch kleine Artefakte können bei der Auswertung einer Grabung dazu beitragen, die Funktion oder die Datierung beispielsweise eines Gebäudes zu bestimmen. Solche weiterführenden Analysen werden im Rahmen der Gesamtauswertung von Grabungsergebnissen von den Mitarbeitenden der Forschungsstelle durchgeführt und auf verschiedenen Wegen veröffentlicht. So wurden in den letzten Jahren zahlreiche Studien zu den Grabungsresultaten der Forschungsstelle in wissenschaftlichen und populärwissenschaftlichen Einzelpublikationen und Reihen veröffentlicht und so interessierten Wissenschaftler*innen, Bürger*innen oder Besucher*innen zur Verfügung gestellt.

Rekonstruktion von Keramikfunden der Urnenfelderkultur mit der 3D-Modellierungssoftware Blender. Rekonstruktion/Screenshot: Alexander Slowikow.

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